Einfach fit mit Stock und leichtem Schritt

Dass Stöcke nur etwas für sich gemächlich fortbewegende ältere Herrschaften sind, entspricht schon seit geraumer Zeit nicht mehr der Wahrheit. Dies beweist vor allem jener Sporttrend, der sich etwa seit Mitte der 90er-Jahre geradezu schlagartig überaus erfolgreich über die gesamte Welt ausgebreitet hat: das Nordic Walking. 
Mit Stöcken lässt sich – je nach Größe – ja relativ viel anstellen. So kann man beispielsweise mit der richtigen Technik und viel Geduld mithilfe eines Holzstabes ein Feuer entfachen oder, wenn dies nicht funktioniert, damit stattdessen rhythmische Töne auf einem Schlagzeug erzeugen. Aber auch im Sportbereich sind „Stockeinsätze“ durchaus keine Seltenheit. Zugegeben, hierzulande waren es lange Sportarten wie das Skifahren oder Langlaufen, welche zwecks Unterstützung und Sicherheit vorwiegend mit dem Einsatz von Stöcken in Verbindung gebracht wurden, aber richtet man etwa seinen Fokus auf den Kampfsport bzw. auf die Kampfkunststile, so merkt man, dass auch hier der Gebrauch von Stöcken nichts Untypisches ist bzw. deren Verwendung wie beispielsweise beim Jōdō und Bōjutsu gar schon eine lange Tradition darstellen. Doch auch bei Karate, Aikidō oder Jiu Jitsu werden (Lang-)Stöcke schon seit jeher als Ergänzung zum Training eingesetzt.

Es zeigt sich also, Stöcke sind im Sport multifunktional einsetzbar und haben fraglos auch in diesem Bereich ihre Daseinsberechtigung. Doch muss man nicht zwangsläufig zum Karate-Kid bzw. Kampfkunstsportler mutieren, sondern kann ganz normal auch dem etwas weniger gefährlichen Nordic Walking nachgehen, um nicht minder effektvoll seinen Körper zu trainieren. Denn eines steht definitiv fest: Von dieser sanften Ausdauersportart und deren förderlichen und gesundheitlichen Auswirkungen profitieren nicht nur Trainingsneulinge, sondern ebenso ambitionierte SportlerInnen.

Die positiven Auswirkungen des Nordic Walking
Das Nordic Walking eignet sich vor allem für eher noch etwas untrainierte Menschen, da sich hier – im Unterschied zu anderen Ausdauersportarten wie beispielsweise dem Laufen – die Belastung besser regulieren und sich so ein potenzielles körperliches Überstrapazieren besser verhindern lässt.
Doch auch beim Nordic Walking gilt es, gewisse Regeln zu beachten. Denn so können selbst hier kleine Fehler unerwünschte Folgewirkungen nach sich ziehen. Weiters lassen sich fehlerhaft antrainierte Trainingsmuster auch nur sehr schwer korrigieren, was nicht nur eine Verringerung des Trainingseffekts, sondern gleichfalls ein muskuläres Ungleichgewicht bewirkt, sprich das Training ineffizient macht.  Aus diesem Grund ist es wichtig, sich zunächst mit der genauen Technik vertraut zu machen bzw. diese unter der Aufsicht eines fachkundigen Trainers zu erlernen.
In einem nächsten Schritt gilt es darauf zu achten, den richtigen Trainingsumfang festzulegen. Dies gilt besonders für Menschen, die bislang noch keinen oder nur sehr wenig Sport betrieben haben. In solchen Fällen sollte zunächst mit einer Dauer von 20 Minuten und einer vordefinierten Strecke, die ohne Pause bewältigt werden kann, begonnen werden.
Erst mit zunehmendem Training bzw. dem wachsenden Gefühl, dass der aktuelle Aktivitätslevel nicht mehr ausreichend fordert, empfiehlt es sich, den Zeitrahmen zu steigern und die Strecke zu erweitern.

Bei korrekter Ausführung bewirkt Nordic Walking vielerlei positive Effekte wie beispielsweise:

Förderung der Knochengesundheit (durch bessere Durchblutung)

Schonung der Gelenke, Bänder und Sehnen

Stärkung des Herz-Kreislaufsystems, der Lungenfunktion

Förderung des Stoffwechsels und Immunsystems

Wirkt Verspannungen entgegen

Fördert die Regeneration im Leistungssport

Fördert die psychische Gesundheit

Spricht mehrere Muskelpartien gleichzeitig an

Wie wird´s richtig gemacht?
Wer schon jemanden beim Nordic Walking beobachtet hat, der wird bereits richtig erkannt haben, dass die Bewegungsmuster sehr stark jenen Bewegungsabläufen ähneln, die man vom Skilanglauf kennt. Das heißt: Die Bewegungsführung verhält sich diagonal: Die Schultern sind locker und die Füße zeigen nach vorne. Oberkörper und Hüfte befinden sich in einer fließenden Bewegung. Und auch die Beinbewegung richtet sich nach einem ganz speziellen Muster. Wird das linke Bein nach vorne gesetzt, bewegt sich ebenso der rechte Arm mit dem Stock vorwärts. Dasselbe gilt auch umgekehrt. Dabei befinden sich die Stöcke so nahe wie möglich am Körper. Die Ferse wird mit leicht gebeugtem Knie aufgesetzt und der Fuß über die ganze Fußsohle abgerollt. Die Arme werden – leicht angewinkelt – aktiv mitgeschwungen. Hierbei sollte auch darauf geachtet werden, die Arme bei den Schritten weit nach hinten zu schieben, sodass sich die Handfläche öffnet und der Stock mit den Schlaufen am Handgelenk gehalten wird. Bei der Vorwärtsbewegung umschließt die Hand auf Körperhöhe wieder den Stock-Griff.

Wer hat´s erfunden?
Wie bei vielen Errungenschaften, die es im Laufe der Geschichte zu globaler Bekanntheit geschafft haben, war es auch beim Nordic Walking der Zufall, der den entscheidenden Stein erst ins Rollen brachte oder – besser ausgedrückt – die Stöcke auch abseits der Pisten für eine weitere innovative Art der sportlichen Nutzung etablierte.
Ausgangspunkt, man kann es sich vielleicht denken, war die Langlaufnation Finnland oder – genauer formuliert – der finnische Sportstudent Marko Kantaneva, der im Zuge seiner Suche nach einem passenden Diplomarbeitsthema im Jahr 1996 schließlich auf die zündende Idee kam, das Sommertraining der Skilangläufer massentauglicher zu gestalten. Denn diese absolvierten in der schneefreien Zeit zu Trainingszwecken des Öfteren Waldläufe, bei denen sie stets ihre Skistöcke bei sich hatten. Der Sportstudent ließ sich daraufhin noch weitere alternative Bewegungsformen einfallen und konnte dabei sogar das Interesse des finnischen Freizeitverbands wecken. Auf einer Fachmesse im Jahr 1997 gewann Kantaneva mit seiner Idee und den eigens dafür von einem finnischen Schistockhersteller konzipierten Stöcken den Messepreis. Ab diesem Zeitpunkt trat das Nordic Walking von Finnland aus einen regelrechen Siegeszug an, der bis heute erfolgreich andauert. Und anders als noch zur „Entwicklungsphase“ sieht sich heute keiner mehr mit verwunderten Blicken konfrontiert, wenn er oder sie im Sommer mit zwei Stöcken durch die Landschaft walked. 



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